Huch, bin ich mal wieder die erste? Na denn...
Zur Einleitung möchte ich sagen, dass ich nicht ganz objektiv sein kann, was die Autoren betrifft. Ich zähle beide zu meinen Freunden, war schon auf vielen Seminare dort und wäre bestimmt in einer der Ausbildungsgruppen gelandet, wenn das mein Weg gewesen wäre. Auf der anderen Seite kann ich deshalb zumindest bestätigen, dass dieses Buch absolut authentisch ist - genau so klingen Vicky und William und genau so arbeiten sie.
Das Buch ist im Stil sehr persönlich und individuell geschrieben, es spricht den Leser also direkt an. Das war in den bisherigen Büchern der beiden schon immer so und mir gefällt das. Auch gefällt mir der Grundtenor, der immer wieder betont wird: es gibt nicht eine Wahrheit, sondern viele. Nicht einen Weg, sondern viele. Und deshalb ist auch dieses Buch nur ein Angebot eines Weges bzw. die Aufforderung dazu, sich damit zu beschäftigen und dann zu entscheiden, ob dies ein guter Weg für diesen spezifischen Leser sein könnte. Insofern passt der Ansatz ideal in das (OBOD) druidische Gesamtbild, das ja auch kein Dogma kennt.
Im ersten Kapitel werden zunächst Grundlagen geklärt: das schamanische bzw. naturspirituelle Weltbild mit den verschiedenen Wirklichkeitsebenen, das auf der individuellen Erfahrung basiert und eben nicht auf Beweisen aufbaut. Danach setzen sich die Autoren mit dem Begriff der Seele bzw. Psyche auseinander und den dazu gehörenden Disziplinen des schamanischen Arbeitens und der Psychotherapie. Sehr spannend, wie ich finde, ist die Darlegung, dass sich die moderne (seelenbefreite) Psychotherapie eigentlich mit dem nicht-Erwachsenen Menschen beschäftigt - der Schamanismus dagegen eigentlich ein Werkzeug der Erwachsenen ist, das man erst nach Erreichung einer gewissen Reife (weitgehend) gefahrlos verwenden kann und sollte. Deshalb sind bestimmte Krankheiten aus dem psychotischen Umfeld sogar Gründe, diesen Weg NICHT zu gehen, zumindest nicht vor einer entsprechenden Therapie. Entwicklungsschritte, die man als Kind oder Jugendlicher übersprungen hat, holen uns nämlich an diesem Punkt ein. Das Kind oder der junge Mensch in uns muss “heil” sein im Sinne von “ganz" sein, damit wir bei der Reise in unsere eigene Seele nicht zerrissen werden. Schamanische Techniken, die ja in leicht bis massiv veränderten Bewußtseinszusänden erfolgen (Trance), bedürfen einer festen Erdung im Hier und Jetzt - und in uns selbst.
Der Bedeutung dieser Erdung widmen die Autoren viel Raum, insbesondere der Abgrenzung zu psychotischen Erscheinungen bzw. Erkrankungen, vor allem der Schizophrenie. Diese Ausführungen finde ich vor allem wertvoll für Außenseiter, da sie ganz deutlich die Willenssteuerung in den Vordergrund stellen. In der schamanischen Arbeit entstehende Visionen sind willentlich hervorgerufen und können genaus willentlich beendet werden. Sie haben insofern keinen direkten Einfluß auf mein Leben außerhalb dieser Vision.
Interessant auch die Definition der Autoren zum “Erwachsen sein”, die logisch aus dem naturspirituellen Weltbild entsteht und sich harmonisch einfügt in die Ansichten von Schamanen, Druiden, Wicca, etc. Erwachsen sein heißt, Verantwortung zu übernehmen für sich selbst. Punkt. Was mir geschieht, was ich tue, was ich zulasse... für alles bin ICH verantwortlich, auf welcher Ebene und auf welche Weise auch immer. Nicht (mehr) meine Eltern, mein Partner, mein Chef... nein, ICH bin für meine Handlungen oder nicht-Handlungen verantwortlich. Insofern muß ich zunächst die materielle Ebene beherrschen, bevor ich mich der spirituellen zuwenden kann – das heißt, vom Kind zum Erwachsenen werden. Dies erfolgt praktischerweise in einer Gemeinschaft. Die Autoren bedauern daher – mit vielen von uns – dass unsere Gesellschaft den Übergang zum “Erwachsen sein” an materiellen Dingen festmacht, und nicht an der Persönlichkeitsentwicklung selbst. Sich als Individuum in der Gemeinschaft zu erfahren, die Abgrenzung der Kindheit hinter sich lassen zu können und in der Gemeinschaft aufzugehen, OHNE sich dabei zu verlieren... das ist die Kernaussage dieses Kapitels. Und eine Erfahrung, die ich bei jedem Camp und jedem Seminar mit Gleichgesinnten immer wieder mache.
Immer wieder geht mir dabei das alte Wicca-Lied durch den Kopf: wir sind ein Kreis, in einem Kreis, ohne Anfang, ohne Ende....