Im Wettlauf zu den Apfelbäumen: Jeden September feiern die Menschen auf Kreta eine besondere Ökumene zum Fest der Kreuzerhöhung. Immer mehr moderne Pilger nehmen teil.
Der Kófinas ist die höchste Erhebung des Asteroússia Gebirges, des viertgrößten Gebirgsstockes auf Kreta. Der höchste Punkt liegt auf 1.236 Metern. Und er ist der markanteste Berg der Insel: Das langgezogene Gipfelplateau ist von hohen Felswänden begrenzt. Das feste Plattengestein erscheint wie ein Amphitheater. Mitten in dieser spektakulären Naturkulisse befindet sich ein Gipfelheiligtum aus spätminoischer Zeit, etwa 16. Jahrhundert vor Christus: ein Gipfelkreuz und eine Gipfelkapelle.
Wirft man einen Blick in alle Himmelsrichtungen, liegt nördlich die Hauptstadt Iráklion, südseitig leuchtet das libysche Meer. Sieht man Schiffe nach Osten ziehen, ist das Ziel meistens der Suezkanal. Blickt man direkt in die Tiefe, liegt an der Küste am Strand ein Kloster – Moní Koudoumá. Schaut man hoch in den Himmel, kreisen garantiert Greifvögel: Das ganze Gebiet ist als Naturschutzgebiet für Gänsegeier und Bartgeier bei Natura 2000 deklariert.
Am Vortag der jährlichen Gipfelmesse am 14. September macht sich die männliche Jugend des nächstgelegenen Dorfes Kapetanianá auf den Weg. Wer als erstes die Apfelbäume erreicht, darf am nächsten Tag die Reihe der "Überbringer der heiligen Äpfel" anführen – und wird empfangen mit dem Segensspruch: "Die Freude des Kófinas sei deine Hilfe!"
Auf der Suche nach der Wasserleitung der Gottesmutter
Die Bäume stehen an exponierten Stellen, wurzeln oft in Felsspalten der hohen Kalkwände. Ohne wendiges Klettern kommt keiner ans Ziel. Es werden ganze Ästchen mit Früchten abgebrochen. Auch für die Mutigsten hängen die Äpfel zu luftig. Danach suchen die jungen Männer eine Quelle; sie liegt unterhalb der am Sattel sitzenden Kapelle Panagía Kerá (Allheilige Herrin). Die Bezeichnung der Quelle als "Wasserleitung der Gottesmutter" klingt ein wenig klempnerisch-skurril und für ein Heiligtum erstaunlich humorvoll.
Dort ruht die eroberte Ernte über Nacht im Nass. Der Volksmund ist überzeugt, diese Handlung mache die Äpfel rot. Am nächsten Morgen werden sie in einem kunstvoll geflochtenen Korb zum Gipfel getragen, wo der Pope, umringt von der Schar der Gläubigen, die Liturgie abhält. In Weihrauchschwaden gehüllt, hebt er den Apfelkorb über sein Haupt. Er trägt ihn dreimal um den Gipfel. Begleitet von den Pilgern, hält er in der Mitte des Weges inne, nimmt sowohl das Heilige Kreuz als auch einen Äpfel tragenden Zweig in seine Hände und weiht die vier Himmelsrichtungen. Nach dieser Zeremonie werden die Äpfelchen verteilt. Orthodoxes Christentum und vorchristlicher Baumkult praktizieren am Gipfel die Ökumene.
Es kann so einfach sein...
Den ganzen Artikel findet ihr hier: http://www.zeit.de/reisen/2012-08/griech...licher-baumkult